1. Feuer und Eis
Smaragdgrüne Berge spiegeln sich auf der Oberfläche des Sees Llanquihue. Wir sind mit dem Bus vom chilenischen Hafen Puerto Montt aufgebrochen, um eine Bootsfahrt zu unternehmen. Die Landschaft erinnert an die Schweiz, wäre da nicht der eisbedeckte Vulkan Osorno, der alle Blicke auf sich zieht. An seinem Fuß rauschen die Stromschnellen Saltos de Petrohué unter einem azurblauen Himmel. Die Luft ist kühl und rein. Chile ist das Land der Vulkane. Um die 2000 gibt es hier – und viele sind aktiv. Die Mapuche, Chiles Ureinwohner, versuchen sogar heute noch mit Hilfe uralter Rituale die Geister in den Vulkanen zu beschwören.
Patagonien, das sowohl Chile als auch Argentinien umfasst, ist dünn besiedelt. Kaum hat man einen Hafen wie Puerto Montt oder später Chacabuco hinter sich gelassen, ist man mittendrin in einer fantastischen Natur. Gerade mal 45 Autominuten von Chacabuco entfernt liegt die Los Torreones Lodge – umgeben von Bergen, Wäldern, Flüssen und Seen. Paco Salas, der Chef der Ranch, hat die Pferde schon gesattelt. Heute begleitet er unsere kleine Gruppe von der „Zaandam“ bei einem fast dreistündigen Ausritt, meist aber ist er mit Gästen zum Fliegenfischen unterwegs. Paco sieht zufrieden aus, wenn er im Sattel seines Criollos durch die Gegend streift, nach seinen Alpakas sieht und uns auf die Ibisse aufmerksam macht, die über unseren Köpfen fliegen. Kein Wunder: Er lebt an einem der schönsten Plätze der Welt.
(Tipp: Patagonien in vier Minuten – der junge Filmemacher Martin Heck hat ein wunderschönes Zeitraffer-Video in spektakulärer 8K-Auflösung gedreht – 16-mal so fein wie die Darstellung auf einem üblichen Full-HD-Fernseher. Für die Aufnahmen reiste er in sechs Wochen 7500 Kilometer durch die Wildnis Südamerikas – von Santiago de Chile nach Punta Arenas. Hier geht’s zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=ChOhcHD8fBA)
2. Ushuaia – die südlichste Stadt der Welt
Es herrscht Aufbruchstimmung in Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt. Gleich drei Expeditionsschiffe und unsere „Zaandam“ liegen im Hafen. Urlauber in Jack Wolfskin-Klamotten durchstreifen die Stadt und kaufen in den Souvenirläden ein, bevor sie am Abend in die Antarktis aufbrechen. Wir besuchen das südlichste Postamt der Welt, erkunden den Nationalpark Tuera de Fueges und fotografieren die Seelöwen, die auf einem Felsen im Beagle Channel faul in der Sonne dösen. Vor fast 500 Jahren hatte der portugiesische Seefahrer Ferdinand Magellan hier wochenlang die sichere Passage vom Atlantik zum Pazifik gesucht. Weil er vom Schiff aus nur graue Schwaden von den Lagerfeuern der Indianer in den Himmel steigen sah, taufte er die Region „Land des Rauches“. Später wurde daraus Feuerland.
3. Kap Hoorn
Der Mythos begleitet uns, seitdem wir in Valparaiso eingeschifft haben: Kap Hoorn. Die einen bibbern dem berüchtigten Felsen entgegen, die anderen können es kaum erwarten, endlich dort zu sein. Morgens gegen fünf Uhr, es ist bereits hell, erreicht die „Zaandam“ Kap Hoorn. Die Sicht ist klar, die Windstärke liegt bei 12 Beaufort. „Das ist Orkanstärke“, erklärt Kapitän Joost Eldering. Während wir im eisigen Wind auf den Felsen starren, uns festhalten, weil das Schiff auf den Wellen tanzt, wird so ziemlich jeder von einer besonderen Stimmung erfasst. In der Tiefe unter uns sind 800 Wracks und mehr als zehntausend tote Seeleute auf dem größten Schiffsfriedhof der Welt begraben. Die Legende erzählt, dass die Seelen der toten Matrosen in den Albatrossen weiterleben. Sie gleiten jetzt gerade über die aufgewühlte Gischt, über jenen Ort, wo Pazifik und Atlantik aufeinandertreffen. Vor dem Bau des Panamakanals galt der Weg ums Kap als einzige Route zur Umschiffung des amerikanischen Kontinents. Eine spannende Reportage über „400 Jahre Kap Hoorn“ steht im Kreuzfahrtmagazin WELCOME ABOARD 2017.
4. Pinguine auf den Falklands
Zwei kleine schwarz-weiße Peale-Delfine spielen um den Tender und begrüßen uns auf den Falklands. 1982 tobte der Falklandkrieg zwischen Argentinien und Großbritannien. Die Briten gingen als Sieger aus dem Konflikt hervor, und deswegen erwartet uns hier im Süden Südamerikas tatsächlich noch immer ein Stückchen Great Britain mit Pubs und roten Telefonhäuschen.
Die meisten Kreuzfahrer von unserem Schiff sind jedoch da, um ein paar ganz besondere Inselbewohner zu treffen: die Pinguine! Am Volunteer Point, ganz im Nordosten von Ostfalkland (etwa drei durchgeschüttelte Stunden im Landrover von Port Stanley entfernt) ist die größte Kolonie von Königspinguinen (etwa 1000 Tiere) zu Hause. Sie teilen sich ihr Revier mit den Esels- und Magellanpinguinen. Insgesamt bevölkern rund eine Dreiviertelmillion Pinguine die Falklands. Der Eindruck ist unvergesslich. Das Meer rauscht, der Wind heult, die Luft ist eisig – und direkt vor uns gehen fünf bildschöne Königspinguine spazieren. Am liebsten würde man sich einhaken und mitwatscheln.
Hier geht es zu einem Video über unseren Besuch bei den Pinguinen: https://www.youtube.com/watch?v=oY-n3uUcVxA
5. Buenos Aires: Tango, Steaks und die Pampas
Sie tanzen gerne? – Dann fahren Sie nach Buenos Aires und lernen Sie Tango! Die Geschichte des Tanzes beginnt in den Bars von La Boca, dem bunten Hafenviertel der Stadt. Abseits der Touristenshows gibt es überall in Argentiniens Hauptstadt Milongas, Tangosäle in Kellergewölben und privaten Clubs.
Sie essen gerne Fleisch? – Auch dann sind Sie in Buenos Aires genau richtig. Probieren Sie unbedingt ein argentinisches Steak, am besten in einer Parrilla, einem Grillrestaurant.
Sie lieben die Weite, mögen Natur lieber als große Städte? – Dann lassen Sie Buenos Aires einfach hinter sich und fahren in die Pampas. Grenzenlos spannt sich der Himmel über die Grassteppe, auf der Rinder und Pferde grasen. Auf der Ranch Santa Susana messen sich die Gauchos im Ringstechen zu Pferde und holen sich als Belohnung Küsse von den hübschesten Zuschauerinnen. Wer möchte, steigt selbst in den Sattel und reitet eine Runde durch die Pampas (Kein Problem für Anfänger, geübte Reiter dürften allerdings etwas enttäuscht sein).
6. Auf den Spuren der Seefahrer
Zwei Wochen dauert die Kreuzfahrt mit der „Zaandam“ rund um Südamerika, die Hälfte der Zeit verbringt man auf See. Wird das nicht langweilig? – Auf keinen Fall. Unterwegs gibt es immer etwas zu sehen: zerklüftete Fjorde, Gletscher, die ins Meer fließen, Wale und Delfine, die Sterne des Südens. In der großen Bibliothek des Explorations Café lehnen sich die Passagiere in den Ledersesseln zurück, trinken einen Cappuccino, schauen aus dem Fenster und lesen die Abenteuer der Forscher und Entdecker, die vor ihnen hier unterwegs waren.
Informationen: Die „Zaandam“ (max. 1.432 Passagiere) der Holland America Line ist noch bis März 2017 und dann wieder ab November 2017 auf zweiwöchigen Routen von Valparaiso bis Buenos Aires oder umgekehrt unterwegs. Mehr Infos: www.hollandamerica.com
Lesetipp: „Patagonien und Feuerland fürs Handgepäck“. Als Ergänzung zum klassischen Reiseführer unterhält das Büchlein mit Romanausschnitten über Patagonien – von Antoine de Saint-Exupéry, Isabel Allende, Jules Verne, Herman Melville und anderen. (12,90 Euro, http://www.unionsverlag.com/info/).
Eine große Reportage über die Kreuzfahrt rund um Südamerika lesen Sie im Kreuzfahrtmagazin WELCOME ABOARD 2018.
Text & Fotos: Susanne Müller