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Dies könnte irgendwo in südlichen Gefilden sein, die einst die Briten unterworfen hatten. Und das ist auch des Rätsels Lösung: Dreimal rissen im Verlauf der Geschichte die Briten die Herrschaft an sich und machten die Stadt zu ihrem Verwaltungssitz. Auch heutzutage trifft man noch einige an. Allerdings kommen diese in friedlicher Absicht.
Mahón oder Maó, wie es auf Katalanisch genannt wird, ist ein kleines Schmuckstück: Im ehemaligen Kloster ist heute der sehenswerte Markt untergebracht. Auf der Plaça de la Consitució findet sich eine kleine Tapas-Bar mit Leckereien, die Promenade am Meer entlang lässt es sich herrlich flanieren. Auch per Fahrrad! Und so begleitet denn der Chor der kreischenden Möwen, Fußball spielenden Kinder und leise klatschenden Wellen den Beginn der Radtour. Ins Inland geht es nun Richtung Fornells. Menorca bietet so genannte grüne Wege, vías verdes, auf denen auch Radfahrer willkommen sind. Auf dem Camí d’en Kane radelt man zwischen alten Olivenbäumen, Schafen und Steinmauern dahin. Die Insel ist schnell durchquert. Eine Nacht in der Mitte des Eilands, in Es Mercadal vielleicht, und weiter geht es auf der Route Nr. 6 ins hübsche Ciutadella. Radtouristen sind noch Mangelware und werden ausgiebig bestaunt.
Radeln unter Mandelbäumen
Mit der knallgelben Iscomar-Fähre setzt man über auf die Schwesterinsel Mallorca nach Port d’Alcudia. Fahrräder sind kein Problem für die Crew: Sie werden unten im Schiffsbauch verstaut und sogar kostenlos transportiert.
Über Dörfer geht es nun, vorbei an Fincas und Mandelbäumen. Leise wispern die Räder einsamer Windmühlen. Ein Grautier lässt seinen Kopf hängen. Dies ist Radwandern erster Güteklasse auf einer Insel mit vielen Gesichtern: Grün ist das mallorquinische Hinterland, doch dann erreicht man über verschlafene Dörfer und Städtchen die wild zerklüfteten Felsen der Küste, an denen die Wellen sich brechen. Die Hotellerie ist auf Radfahrer und deren Bedürfnisse eingestellt, nicht umsonst trainieren Profis hier das ganze Jahr über.
Von Palma de Mallorca nach Ibiza
Palma de Mallorca: Die Fähre stampft, die Räder sind neben dem Autodeck in einem kleinen Raum verstaut, und nach circa vier Stunden schiebt sich Ibizas Dalt Vila eindrucksvoll ins Blickfeld, die wuchtige Oberstadt mit ihrem Kastell. Strategisch günstig wohnen Radwanderer hier in der Mitte der Insel, im Töpferdorf Sant Rafel. Dies bedeutet, endlich einmal die Packtaschen in die Ecke zu stellen und völlig unbelastet auf Tour zu gehen. Can Lluc heißt das Agroturismo, in dem wir wohnen, und es lässt keine Wünsche offen. Angenehm, dass Ibiza sich nun der Förderung des ländlichen Tourismus verschrieben hat. Von diesem wahrhaft himmlischen Ort aus, kann man Touren sternförmig in alle Richtungen starten. Ibiza hat dafür ganze 23 Radwanderrouten neu ausgearbeitet und ausgeschildert, für Mountainbikes oder Rennräder, ganz wie es beliebt. Wir probieren eine Kombination aus Route Nr. 2 bis Sant Antoni, wo wir Berge frischer Früchte und Gemüse auf dem Markt bestaunen, und dann Nr. 1 Richtung Torre de Comte. Die Cala Bassa ist eine Traumbucht mit dunkelblauem und türkisem Wasser. Eine Radpause ein Muss! Alles mutet auf Ibiza ein wenig afrikanischer an: Das Klima ist trockener, und blendend weiß gekalkt sind die Häuser.
Jules Verne lässt grüßen
Auf Formentera, der kleinsten der beschriebenen Inseln, lässt es sich trefflich vor sich hinradeln, oder auch steile Anstiege erklimmen. Das mag seltsam klingen, gilt Formentera doch gemeinhin als flach. Möchte man aber Route 26 zum Leuchtturm Sa Mola bewältigen, erwartet einen der kleine aber feine Anstieg hinauf auf ein Hochplateau zur windumtosten Steilküste. Am Kap findet sich außer dem Leuchtturm auch ein Denkmal für Jules Verne. Hier soll es gewesen sein, wo er sich zu einem seiner fantastischen Romane inspirieren ließ. Der Wind dreht. Leider. Denn auch während der Rückfahrt auf der schnurgeraden Straße vorbei an Weinreben, die sich hinter Steinmauern ducken, bläst nun der Wind von vorn ins Gesicht. Auch auf dem Weg zum steinigen Cap de Barbaria ist das nicht anders. Jetzt im Frühjahr sind viele Restaurants und Hotels noch geschlossen, und auch die Salinen und die karibisch anmutenden Strände hat man für sich.
Zurück auf Ibiza ist man in nur 30 Minuten. Eigentlich nehmen die Jet-Boote keine Fahrräder mit, doch die Antwort des Matrosen hört sich so an: „Wir nehmen keine Räder mit, señora!“. Und? „Räder kosten drei Euro!“. Aha! – Ich starre zum Fenster hinaus in die Gischt, in die spritzenden Wellen, ein paar Meter noch im Sattel, dann geht es zum Flughafen. Ich sitze am Fenster im Flieger und starre in den blauen Himmel, die Balearen fliegen vorbei. Wehmütig.
Judith Weibrecht
Informationen
Fähren: Ab Barcelona nach Menorca und zwischen den Inseln mit den Schiffen der Balearia www.balearia.com, Iscomar www.iscomar.com oder Trasmediterranea www.trasmediterranea.es : Z. B. ab Barcelona nach Menorca (Maó); ab Menorca (Ciutadella) nach Mallorca (Alcudia); ab Mallorca (Palma de Mallorca) nach Ibiza; ab Ibiza nach Formentera; ab Ibiza zurück nach Barcelona. (Angebote z. B. bei www.ocean24.de). Achtung: in Spanien besteht für Radfahrer Helmpflicht.
Radrouten auf den Balearen:
www.illesbalears.es/ale/baleareninseln/radsportstourismus.jsp?SEC=CTU
Radrouten auf Menorca:
www.illesbalears.es/ale/menorca/radsportstourismus.jsp?SEC=CTU
Radrouten auf Mallorca:
www.illesbalears.es/ale/mallorca/radsportstourismus.jsp?SEC=CTU
Radrouten auf Ibiza:
www.illesbalears.es/ale/ibiza/radsportstourismus.jsp?SEC=CTU
Radrouten auf Formentera:
www.illesbalears.es/ale/formentera/radsportstourismus.jsp?SEC=CTU
Tipp: Eine Reportage (zum Nachreisen!) über eine Reise mit Rad und Fähre von Finnland nach Schweden lesen Sie im Magazin WELCOME ABOARD 2013.