August 25, 2022

Von Rostov am Don auf die großen Ozeane

August 25, 2022

In ihrer Heimatstadt studierte sie einst Pädagogik und Germanistik. Als Studentin arbeitete sie auf Fluss-Kreuzfahrtschiffen und verdiente sich so ein wenig Geld. Dabei schon kamen ihr die eigenen Deutsch-Kenntnisse zugute, denn Olga Bozhko arbeitete an der Rezeption der Schiffe und hatte dort viel mit deutschen Gästen zu tun. In den Jahren von 2005 bis 2012 war sie jeden Sommer auf dem Don unterwegs, mal als Bord-Dolmetscherin, mal als Reiseleiterin. 2007 arbeitete sie erstmals für Plantours und Partner – immer noch in Russland.

 

Als die Bremer Reederei 2012 die „Hamburg“ erwarb, erreichte die junge blonde Frau die Anfrage aus der deutschen Hansestadt, ob sie sich auch eine Arbeit auf diesem Hochseeschiff vorstellen könne. „Ich bin vor Freude aufgesprungen“, macht sie deutlich, dass da nicht lange nachgedacht werden musste. Und so kam sie von Rostov am Don auf die großen Ozeane.

 

Von der Reiseleiterin zur Kreuzfahrtdirektorin

 

Auf der Hamburg arbeitete sie zunächst als Reiseleiterin, organisierte Bingo- und Kartenspiele, gab Russisch-Kurse und agierte als Ausflugsbegleiterin. Damit begann ihr Aufstieg auf dem Schiff, denn bald schon wurde sie Assistentin des Ausflugsleiters, kümmerte sich um das Buchungssystem und technische Sachen. Seit 2014 war sie selbst Ausflugsleiterin, organisiert Busse und arbeitet mit den lokalen Unternehmen zusammen. Und jetzt ist sie sogar Kreuzfahrtdirektorin. Genau am 24. Juli übernahm sie in Hamburg erstmals diese Aufgabe und machte sich mit der Hamburg und den Passagieren auf nach Norwegen, Spitzbergen, Island und Grönland. Dabei löste sie ihre Kollegin  Alexandra Cortese ab, die schon seit vielen Jahren bei Plantours und Partner als Kreuzfahrtdirektorin in Amt und Würden ist.

Was aber macht sie unterwegs? „Ich plane jetzt schon die nächsten Reisen. Vom Kapitän bekomme ich den Fahrplan, dann können die Veranstaltungen an Bord terminiert werden, wobei ich immer eng mit dem Hotelmanager, dem Kapitän und dem Show-Management zusammenarbeite“, verrät sie. Auch die Ein- und Ausschiffung der Passagiere regelt die Kreuzfahrtdirektorin in Zusammenarbeit mit den Hafenagenturen. Und dann sind da ja noch die Durchsagen an Bord, die zur täglichen Routine gehören. Vielen Passagieren fällt dabei nicht auf, dass Deutsch nicht die Muttersprache der jungen Frau ist. „Ich bin sogar einmal gefragt worden, ob ich aus Hamburg stamme“, berichtet sie mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Nun ja, so etwas Hanseatisches hat sie schon an sich, was durchaus darin mündet, dass sie ihr Gegenüber bei weniger offiziellen Anlässen mit einem fröhlichen „Moin“ begrüßt.

 

Bis Ende September bleibt Olga Bezhkov noch an Bord der Hamburg, dann geht’s in den Urlaub. Und den wird sie „irgendwo in Deutschland am Meer“ verbringen. Die aktuelle weltpolitische Lage nämlich sorgt dafür, dass die Plantours-Angestellte zunächst nicht in die Heimat zurück möchte. Dort war sie während der rund zweieinhalbjährigen Corona-Pause. Die begann für Olga Bpzhkov – das weiß sie noch ganz genau – am 13. März 2020, als sie mit der Hamburg vor Teneriffa lag. „Plötzlich durfte keiner mehr aus dem Schiff ‘raus oder ‘rein“, erinnert sie sich mit Grausen. Erst nach vier oder fünf Tagen hatte sie für alle Passagiere Heimflüge organisiert, um dann selbst nach Rostov zu reisen. „Da habe ich erst einmal Urlaub gemacht und dann als Dolmetscherin und Übersetzerin gearbeitet“, schildert sie und fügt hinzu: „Ich habe das Meer vermisst.“

Dann kam im Sommer 2021 der Anruf: Am 27. Juli sollte sie wieder auf der Hamburg arbeiten und musste an diesem Tag in Lissabon sein. „Aber ich brauchte ein neues Visum für die EU, das musste ich in Moskau bei der portugiesischen Botschaft beantragen.“ Die Nervosität stieg, denn der Reisepass ließ auf sich warten. Am 26. Juli kam er an, am 27. Juli flog Olga nach Lissabon, wo es dann im September wieder richtig losging.

Und jetzt ist sie sogar als Kreuzfahrtdirektorin unterwegs, wobei ihr Corona auch in dieser Position einige Probleme bereitet, denn immer wieder gibt es Passagiere mit positivem Test, die entweder erst gar nicht an Bord dürfen oder – wenn die Infektion erst nach dem Ablegen festgestellt wird – in ihren Kabinen isoliert werden. Schön ist das sicher auch für eine Kreuzfahrtdirektorin nicht. Genau wie die Probleme an den Flughäfen in Deutschland, die für zusätzliche Arbeit an Bord sorgen, denn wenn Passagiere früher oder später als geplant ab- und anreisen müssen, dann ist Olga Bozhkov gefragt. Allen Problemen zum Trotz stellt sie sich den Fragen ihrer Gäste – immer mit einem Lächeln im Gesicht, das beim Gegenüber schnell möglichen Ärger vergessen lässt.

 

Fünf Stichwörter für Olga Bozhkov

Lieblings-Reisegebiet: „Ich bin gern in Afrika, aber auch die Antarktis und die USA haben für mich einen besonderen Reiz.“

Lieblings-Hafen: „Kapstadt finde ich schön – und natürlich Stockholm!“.

Lieblingsplatz auf dem Schiff: „Ich halte mich auf der Hamburg sehr gern in der neuen Weinstube auf – wenn ich Zeit dafür habe.“

Welches andere Schiff Reiz ausübt: „Als Passagier würde ich gern einmal auf ein richtig großes Schiff gehen – ich bin neugierig, wie das im Vergleich zur Hamburg ist.“

Der beeindruckendste Künstler an Bord: „Ich bekomme bei den Shows von Mister Red Shoes jedes Mal eine Gänsehaut.“   

 

Text & Fotos: Dirk Kröger

 

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